Qigong

Qigong – Entspannung, Ruhe und Natürlichkeit

Eine der alten Bezeichnungen für Qigong lautet Yangsheng 養生 – „Nähren des Lebens“. Das Leben wurde im alten China als Ausdruck der ursprünglichen Energie Qi verstanden – „Nähren des Lebens“ heißt dementsprechend, das Verständnis von Bewegung und Funktion des Qi in verschiedenen praktischen Verfahren methodisch nutzbar zu machen. Diese heute Qigong genannten Verfahren wurden über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrtausenden entwickelt, mit dem Ziel, das Qi auf systematische Art und Weise zu ordnen und zu stärken und solcherart die Gesundheit des Menschen zu unterstützen, Krankheiten zu heilen und sein körperliches und geistiges Potential zur Entfaltung zu bringen.Die Methoden des Qigong sind im allgemeinen von großer Einfachheit. „Das Große Dao ist äußerst einfach und leicht“, dies, eine Paraphrase aus dem Daodejing des Laozi, ist einer der Leitsätze innerhalb der chinesischen Qigong-Tradition. Einfach bedeutet aber nicht willkürlich. Die methodische Einfachheit des Qigong basiert auf oben erwähntem Wissen um Bewegung und Funktion des Qi. Dieses Wissen liegt allen Übungsformen und -prinzipien zugrunde; erst das korrekte Verständnis des Qi und seiner Funktionen und seine praktische Umsetzung kann den Wandel herbeiführen, auf dem Gesundheit sowie generell körperliches und geistiges Wohlbefinden beruhen.

Die Einfachheit des Qigong spiegelt sich in seinen Grundprinzipien. Diese sind:

  • Entspannung
  • Ruhe
  • Natürlichkeit

d.h.

  • zu lernen, physisch wie auch psychisch loszulassen
  • zu lernen, sich in einen immer tieferen Zustand der inneren Ruhe und Stille zu versenken
  • sich beim Üben nicht zu bemühen, keinen Ehrgeiz zu haben, nicht zu versuchen, Ergebnisse herbeizuzwingen, sondern sich der natürlichen Entwicklung des Qi zu überlassen.

Diese Grundprinzipien kommen sowohl in den bewegten Übungen als auch in den ruhigen, äußerlich unbewegten Formen des Qigong zur Anwendung. Die bewegten Übungsformen dienen dazu, Stagnationen des Qi aufzulösen (es schlicht und einfach zu bewegen), um solcherart die Qualität und Ordnung des Qi zu verbessern. Dies ist äußerst wichtig, sind freie Bewegung und höhere Ordnung des Qi doch gleichbedeutend mit besserer und stabilerer Gesundheit. Mit der Zeit wäre dies jedoch zu einseitig, darum werden mit fortschreitender Praxis die Übungen in Bewegung mit weniger bewegten, ruhigeren und meditativeren Methoden ergänzt. Qigong orientiert sich, wie alles chinesische Denken, am rhythmischen Fluktuieren von Yin und Yang, das heißt: in der Qigong-Praxis ist es notwendig, Bewegung und Ruhe in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Auf diese Weise werden sich Bewegung und Ordnung des Qi eines Menschen immer weiter verbessern, das Qi kann sich immer nachhaltiger regenerieren und die gesundheitlichen Wirkungen des Qigong werden tiefergehend und stabiler.Die Praxis des Qigong führt zuerst von außen nach innen. Die bewegten Übungen entfalten ihre Wirkung von den äußeren Schichten des Organismus nach innen, von den Muskeln, Sehnen und Knochen bis zu den Meridianen und inneren Organen, bis schließlich die Gegenbewegung einsetzt. In der sich stabilisierenden Entspannung und inneren Ruhe beginnt sich das starke, geordnete und ausgewogene Qi aus dem Zentrum zu entwickeln, sich von innen nach außen zu bewegen und, von selbst, auf natürliche und doch gesetzmäßige Art und Weise, im ganzen Körper seine transformatorische Wirkung zu zeigen.Die alten Chinesen sahen das gesamte Universum als sich entfaltendes Qi. In dieser Weltsicht ist auch der Mensch Ausdruck dieses einen kosmischen Qi. Kann der Mensch seine Verbindung zu dieser lebensspendenden und kreativen Energie aufrechterhalten, dann bleibt er gesund und im Gleichgewicht, verliert er hingegen diese Verbindung, verliert auch seine Gesundheit ihre wirkliche Grundlage und Nahrung, und früher oder später kommt es zu Problemen. Im Qigong wird versucht, die Verbindung eines Menschen mit dem lebensspendenden Qi der Natur wiederherzustellen, um somit Krankheiten ihre Wurzel zu entziehen und das jedem Menschen innewohnende schöpferische Potential, das dem ursprünglichen Potential seines Qi entspricht, zu entwickeln.

© Árpád Romándy