Qigong

Buddhistische Dichter Chinas

übersetzt von Árpád Romándy

Qi Ji 齊己 (863-937)

秋夜聽業上人彈琴

萬物都寂寂堪聞彈正聲
人心盡如此天下自和平
湘水瀉秋碧古風吹太清
往年廬岳奏今夕更分明

In einer Herbstnacht dem Zitherspiel des Ehrwürden Ye lauschend

Ruhig sind die zehntausend Dinge und still,
klar klingen die aufrechten Töne der Qin1.
Wären aller Menschen Herzen solcher Art,
kehrte Frieden ein auf der Welt.
Die Wasser des Xiang strömen in herbstlichem Blau,
uralte Winde wehen durch leere Himmel.
Vor Jahren auf dem Berg Lu erfasste ich dies,
heute abends höre ich es noch klarer.

  1. Qin: Guqin, die klassische chinesische Zither.

懷天台華頂僧

華頂危臨海丹霞裡石橋
曾從國清寺上看月明潮
好鳥親香火狂泉噴泬寥
欲歸師智者頭白路迢迢

An einen Mönch auf dem Blütengipfel des Tiantai-Gebirges denkend

Schroff ragt der Blütengipfel über das Meer,
im Abendrot leuchtet die Steinerne Brücke.
Einst stieg ich auf vom Guoqing-Tempel,
die Flut im Glanze des Mondes zu schauen;
zutrauliche Vögel näherten sich Weihrauch und Lampe,
wilde Bäche schäumten in den weiten Raum.
Ach könnte ich nochmals dorthin, den Weisen1 als Lehrer erlangen,
doch mein Haupt ist weiß, und der Weg ist so weit.

  1. Der Weise ist der Mönch und Philosoph Zhi Yi 智顗 (538-597),
    Begründer der Tiantai 天台 – Schule des chinesischen Buddhismus.

莫問

莫問關門意從來寡往還
道應歸淡泊身合在空閑
四面苔圍綠孤窗雨灑斑
夢尋何處去秋色水邊山

Frage nicht

Frage nicht, warum mein Tor verschlossen ist,
seit jeher gab es kaum Kommen und Gehen.
Auf Einfachheit gründet der Weg,
Müßiggang ist dem Körper genehm.
Allerseiten umgibt mich grünes Moos,
Regentropfen betupfen mein einsames Fenster.
An welchen Ort zieht es mich im Traum?
Zu den herbstfarbenen Bergen am Rande des Wassers.


Jiao Ran 皎然 (730-799)

尋陸鴻漸不遇

移家雖帶郭野徑入桑麻
近種籬邊菊秋來未著花
叩門無犬吠欲去問西家
報到山中去歸來每日斜

Auf der Suche nach Lu Hongjian1 treffe ich ihn nicht an

Übersiedelt bist du in ein Haus an der äußeren Mauer,
auf wildem Pfad nur zu finden durch Maulbeeren und Hanf.
Chrysanthemen pflanztest du neulich am Zaun,
der Herbst ist schon da, doch erblüht sind sie noch nicht.
Ich klopfe ans Tor, kein Hundebellen ertönt,
auf dem Weg zurück, frage ich im anliegenden Haus.
Du seist in den Bergen, heißt es,
erst wenn die Sonne tief stehe, kämst du zurück.

  1. Lu Hongjian (733–804), auch Lu Yu 陸羽, der „Weise des Tees“,
    Verfasser des Chajing 茶經, des berühmten „Klassiker des Tees“

秋居法華寺下院望高頂贈如獻上人

峰色秋天見
松聲靜夜聞
影孤長不出
行道在寒雲

Im Herbst, im Fahua-Tempel weilend, schaue ich vom unteren Hof
auf die hohen Gipfel der Berge. Als Geschenk für den hohen Mönch Ru Xian.

Des Tages erblicke ich herbstfarbene Gipfel,
der Pinien Laute höre ich in der Stille der Nacht.
Schon lange hast du nicht mehr die Berge verlassen,
einsam folgst du dem Weg inmitten kalter Wolken.


Jia Dao 賈島 (779-843)

題隱者居

雖有柴門長不關片雲孤木伴身閑
猶嫌住久人知處見擬移家更上山

Dein grobgefügtesTor, verschlossen ist es nie,
nur Wolken und Bäume sind dir stille Gefährten.
Doch bleibst du länger hier, denke ich,
werden die Menschen von diesem Ort wissen,
und du wirst dein Heim wohl verlegen,
höher hinauf auf den Berg.


荒齋

草合徑微微終南對掩扉
晚涼疏雨絕初曉遠蟬稀
落葉無青地閒身著白衣
樸愚猶本性不是學忘機

Verlassene Bleibe

Von Gräsern überwuchert der Pfad, abgelegen und still,
die Zhongnan-Berge vor dem geschlossenen Tor.
Kühl der Abend, verebbt der leichte Regen,
früh am Morgen nur wenige ferne Zikaden.
Die Blätter fallen, nicht mehr grün ist der Boden,
zufrieden, kleide ich mich in schlichtes Weiß.
Einfach und töricht, dies ist unsere wahre Natur,
es braucht kein Lernen, das Getriebe der Welt zu vergessen.


寄山友長孫棲嶠

此時氣蕭颯琴院可應關
鶴似君無事風吹雨遍山
松生青石上泉落白雲間
有徑連嵩頂心期相與還

An Changsun Qijiao, einen Freund in den Bergen

Windig und kühl ist das Wetter zur Zeit,
und der Zither-Hof wohl schon geschlossen.
Untätig, gleichen die Kraniche dir,
der Wind treibt Regen übers Gebirge.
Auf grünen Felsen wachsen Kiefern,
Gewässer stürzen aus weißen Wolken.
Zum Gipfel des Berges Song führt ein Pfad,
tief im Herzen hoffe ich auf die Rückkehr dorthin.


口號

申夜忽自起
汲此百 尺泉
林木含白露
星斗在青天

Flüchtige Skizze

In der Mitte der Nacht erwache ich plötzlich,
und ziehe Wasser vom Brunnen, hundert Fuß tief.
Weißer Tau bedeckt die Wälder,
am klaren Himmel stehen die Sterne.


© Árpád Romándy